Niederschrift

über die 4. Sitzung des Wahlprüfungsausschusses


am 30.03.2011
Saal der Partnerstädte, Rathaus, Friedensplatz 1, 44135 Dortmund




Öffentliche Sitzung


Sitzungsdauer: 14:10 - 16:05 Uhr


Anwesend:

1. Stimmberechtigte Mitglieder:

Rm Rettstadt (FDP / Bürgerliste) Vorsitzender


Rm Radtke (SPD) stellv. Vorsitzender
Rm Spieß (SPD) (für Rm Bayezit-Winner)
Rm Hoffmann (SPD)
RM Klösel (SPD)
Rm Pöting (SPD)
Rm Rohr (SPD)
Rm Schnittker (SPD)
Rm Goosmann (SPD) (für Rm Starke)
Rm Dr. Eigenbrod (CDU)
Rm Frank (CDU)
Rm Penning (CDU) (für Rm Krause)
Rm Menzebach (CDU)
Rm Reppin (CDU)
Rm Weintz (CDU)
Rm Beckmann (Bündnis 90 / Die Grünen)
Rm Reuter (Bündnis 90/ Die Grünen)
Rm Kanus (FDP/ Bürgerliste)
Rm Kowalewski (DIE LINKE)

2. Verwaltung

Herr StD Stüdemann


Herr StR Steitz
Herr Witte
Herr Arndts

3. Gäste

Herr Prof. Dr. Beckmann


Frau Dr. Wittmann
Herr Prof. Dr. Bätge





Veröffentlichte Tagesordnung:


Tagesordnung

für die 4. Sitzung des Wahlprüfungsausschusses,
am 30.03.2011, Beginn 14:00 Uhr,
Saal der Partnerstädte, Rathaus, Friedensplatz 1, 44135 Dortmund

Öffentlicher Teil:


1. Regularien

1.1 Benennung eines Ausschussmitgliedes zur Mitunterzeichnung der Niederschrift


1.2 Hinweis auf das Mitwirkungsverbot gem. §§ 31 und 43 Abs. 2 GO NRW


1.3 Feststellung der Tagesordnung


2. Sondersitzung des Wahlprüfungsausschusses, hier: Verwaltungsgerichtsentscheid zur Kommunalwahl
Kenntnisnahme
(Drucksache Nr.: 03753-11)

hierzu -> Kenntnisnahme
(Drucksache Nr.: 03753-11-E1)


Die Sitzung wird vom Vorsitzenden - Herrn Rettstadt (FDP/Bürgerliste) - eröffnet und geleitet.

Vor Eintritt in die Tagesordnung stellt der Vorsitzende fest, dass zur heutigen Sitzung des Wahlprüfungsausschusses fristgemäß eingeladen wurde, und dass der Wahlprüfungsausschuss beschlussfähig ist.


1. Regularien

zu TOP 1.1
Benennung eines Ausschussmitgliedes zur Mitunterzeichnung der Niederschrift

Zur Mitunterzeichnung der Niederschrift wurde Herr Reinhard Frank benannt.


zu TOP 1.2
Hinweis auf das Mitwirkungsverbot gem. §§ 31 und 43 Abs. 2 GO NRW

Der Vorsitzende weist auf das Mitwirkungsverbot gem. §§ 31 und 43 Abs. 2 GO NRW hin und bittet, dieses zu beachten, sofern es im Einzelfall zutrifft.

Herr Radtke erklärt, dass er im anhängigen Verfahren als Kläger auftritt, diese Tatsache aber keinen Hinderungsgrund zur Teilnahme an dieser Sitzung darstelle. Diese Auffassung wird auch von Seiten der Verwaltung, als Beklagte in dem Verfahren, vertreten durch Herrn StD Stüdemann und Herrn StR Steitz, geteilt.


zu TOP 1.3
Feststellung der Tagesordnung

Der Vorsitzende teilt mit, dass der gestrige Ergänzungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen allen Ausschussmitgliedern vorliegt. Ebenso die als Tischvorlage verteilte Stellungnahme der Verwaltung zum Schreiben der SPD-Fraktion vom 15.03.2011. Mit dieser Erweiterung wird die Tagesordnung vom Wahlprüfungsausschuss einstimmig festgestellt.


2. Sondersitzung des Wahlprüfungsausschusses
hier: Verwaltungsgerichtsentscheid zur Kommunalwahl

Der Vorsitzende begrüßt die eingeladenen Gäste, Herrn Prof. Dr. Beckmann und Frau Dr. Wittmann sowie Herrn Prof. Dr. Bätge und schlägt vor, dass zunächst Herr Prof. Beckmann und Frau Dr. Wittmann, welche die Stadt Dortmund im Verfahren vertreten, und danach Herr Prof. Dr. Bätge, der das Gutachten für die SPD-Fraktion gefertigt habe, zum Verwaltungsgerichtsentscheid und der Begründung Stellung nehmen.

Daraufhin meldet sich Herr Radtke und stellt klar, dass es kein von der SPD-Fraktion beauftragtes Gutachten von Herrn Prof. Dr. Bätge gibt, sondern er für die SGK NRW ein Gutachten erstellt hat.

Anschließend stellt Herr Prof. Dr. Beckmann seine Auffassung zum Gerichtsentscheid vor. Er teilt das Ergebnis des Urteils des Verwaltungsgerichtes (VG) nicht und hält, nach eingehender
Beurteilung weder die Zusammenfassung der Urteilsbegründung noch die Ausführungen zu den Unterrichtungspflichten für überzeugend.

In der Schlussbewertung macht Herr Prof. Dr. Beckmann deutlich, dass es in dem Rechtsstreit durchaus um Grundsätzliches geht. Nämlich um die Frage, wie der Rat der Stadt Dortmund und damit auch Räte anderer Städte mit der Verwaltungsspitze zusammenarbeiten. Der Rat und insbesondere die Opposition im Rat sind dringend darauf angewiesen, dass sie vom Oberbürgermeister und der jeweiligen Verwaltungsspitze auch konkret und richtig informiert werden. Und das gilt insbesondere dann, wenn Ratsmitglieder ausdrücklich Fragen an die Verwaltung richten.

Wenn die Ausschussmitglieder die Ansicht des Verwaltungsgerichts teilen, dass haushaltswirtschaftlich alles hinreichend und zutreffend beschrieben wurde, so dass die Ratsmitglieder ihre Aufgaben auch ordnungsgemäß wahrnehmen konnten, dann sollte man es bei dem Urteil des VG belassen. Der Verwaltungsgerichtsentscheid dient aber nicht nur dazu das Verhältnis von Rat und Verwaltungsspitze zu klären, vielmehr ist er der Überzeugung, dass die unzureichende Unterrichtung des Rates ihren Grund in der damals bevorstehenden Kommunalwahl hatte.

Herr Prof. Dr. Beckmann erläutert danach die Erfolgsausichten einer Berufung. Es bestehen nach seiner Ansicht gute Berufungsaussichten. Allerdings darf nicht verhehlt werden („Jura ist keine Mathematikaufgabe“), dass selbstverständlich das Risiko besteht, dass das Urteil bestätigt wird. Es könnte insbesondere im Ergebnis bestätigt werden, vielleicht nicht mal mit der Begründung. Man darf auch nicht vergessen, dass sich dahinter ein großes Paket anderer Rechtsfragen verbirgt, z. B. zur Ergebnisrelevanz einer unzutreffenden Unterrichtung. Er kann also nicht versprechen, wenn Berufung eingelegt wird, dass man die auch gewinnen wird; dies ist offen. Insgesamt stuft er die Aussichten als gut ein, dass das Oberverwaltungsgericht (OVG) eine solche Entscheidung korrigiert. „Die Chance ist da, versprechen kann man nichts“.

Zur Zeitdauer führt Herr Prof. Dr. Beckmann aus, dass nach seiner Beurteilung unter Berücksichtigung der Bedeutung des Rechtsstreites die Angelegenheit zeitnah entschieden wird. Er hält es für realistisch, dass das OVG in der ersten Hälfte des kommenden Jahres entscheiden wird. Die Aussagen und Bewertungen des OVG werden, unabhängig davon, ob sich dann noch ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht anschließt, von erheblicher Bedeutung sein. In aller Regel wird gegen die Entscheidung des OVG die Revision nicht zugelassen, das betrifft wahrscheinlich 90% der Fälle. Ob das hier der Fall ist weiß man nicht. Würde die Revision nicht zugelassen, kann derjenige, der im Berufungsverfahren unterliegt, Beschwerde dagegen einreichen. Kommt das Verfahren vor das Bundesverwaltungsgericht kann es noch mal dauern. Zeitperspektive: „Kann ein Jahr dauern ist aber nur schwer zu sagen“.

Der Vorsitzende schlägt vor, erst noch die Ausführungen von Herrn Prof. Dr. Bätge zu hören und im Anschluss daran die Fraktionen zu Wort kommen zu lassen. Dieser Vorschlag findet breite Zustimmung.

Zunächst stellt Herr Prof. Dr. Bätge Kriterien vor, die für die Einlegung von Rechtsmitteln maßgeblich sind. In diesem Fall ist der Rat bei der Beschlussfassung über die Gültigkeit der Wahl als Behörde tätig geworden; „ausnahmsweise, normal ist der Rat ein internes Willensbildungsorgan“ somit war der Wahlprüfungsbeschluss ein Verwaltungsakt. Es stelle sich die Frage, welche Kriterien es für eine Berufung gibt, wenn man in einem Anfechtungsprozess in erster Instanz als Behörde unterlegen ist. Hierzu gibt es in der Prozessliteratur für Verwaltungsbehörden Hinweise, wann man Berufung einlegen sollte. Es haben sich vier Kriterien herausgebildet, die üblicherweise als Anhaltspunkte dienen:

· Ein wesentliches Kriterium ist zunächst einmal der Aspekt, dass die Behörde den für rechtmäßig erachteten Verwaltungsakt in irgendeiner Weise zur Wirksamkeit bringen will.

· Ein zweites Kriterium ist, dass man das erstinstanzliche Urteil in seinem Tenor für fehlerhaft hält, z. B. den Sachverhalt für fehlerhaft hält und die Entscheidung als solches ist fehlerhaft.

· Beim dritten Kriterium ist das wirtschaftliche Risiko zu beachten. Hier geht es um Steuergelder, d.h. Gerichts- und Anwaltskosten.

· Viertes Kriterium ist die Dauer und Belastung einer mehrjährigen rechtlichen Auseinandersetzung. Vor allen Dingen in Gremien, in denen man weiterhin auf eine Zusammenarbeit angewiesen ist.



Kann also der angefochtene Verwaltungsakt im Verlauf der Rechtsmittelentscheidung überhaupt noch zur Wirksamkeit kommen? Der Rat hat beschlossen, die Ungültigkeit der Wahl festzustellen und eine Wiederholungswahl anzuordnen. Beides ist wahlrechtlich nicht zu trennen. Wer sagt, die Wahl ist ungültig, der muss auch zu einer Wiederholungswahl kommen. Einen Aspekt gilt es noch hinzuzufügen. Nach der ständigen Rechtsprechung (auch vom BVerfG 2009 bestätigt) ist es so, dass ein Wahlprüfungsverfahren in jedem Fall dann erledigt ist, wenn die Wahlperiode der laufenden amtierenden Vertretung beendet ist. Das wäre hier der 30.06.2014, da im Juni die Kommunalwahl zeitgleich mit der Europawahl stattfindet. Im Landeswahlrecht steht beispielsweise, wenn sechs Monate vor Ablauf der Wahlperiode eine Wiederholungswahl angeordnet wird, lässt man diese gar nicht durchführen. Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass die Wiederholungswahl mit den Wahlvorschlägen aus 2009 durchgeführt werden müsste, und kurz danach bei der „regelmäßigen“ Wahl mit neuen Wahlvorschlägen gewählt wird.


Das bedeutet, dass eine rechtskräftige Entscheidung im Grunde genommen bis Ende 2013 vorliegen müsste, um den Verwaltungsakt zur Wirksamkeit zu verhelfen. Dies wird für völlig unrealistisch gehalten. Bei dem oft herangezogenen Wahlprüfungsverfahren in Bad Homburg hat die zweite Instanz zweieinhalb Jahre und die dritte Instanz eineinhalb Jahre Gebraucht. Dieser Fall wird als viel komplexer angesehen, was bedeuten könnte, dass mit einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes im Jahr 2015 zu rechnen ist und somit dem Verwaltungsakt nicht zur Wirksamkeit verholfen werden kann.

Man kann allerdings auch die Auffassung vertreten, es geht nicht um die Wiederholungswahl, sondern der entscheidende Aspekt ist, wer hatte eigentlich Recht in der Haushaltsfrage. „Nur wenn man meint, diese Frage in einem Wahlprüfungsverfahren klären zu können, dann trügt diese Vorstellung“. Das Bundesverfassungsgericht hat 2009 explizit dargelegt, dass man keine Fortsetzungsfeststellungsklage erheben kann. D. h. bei einem erledigten Verwaltungsakt wird nicht der Inhalt noch mal festgestellt, weil es so etwas im Wahlprüfungsrecht nicht gibt.

Man muss sich also überlegen, mit Blick auf den Zeitraum und mit den Kosten die damit zusammenhängen, ob man diesen Weg geht, um hinterher zu einem Beschluss zu kommen wonach die Sache erledigt ist.



Nun zum zweiten Kriterium, ob das Urteil des VG Gelsenkirchen in Bezug auf die Wiedergabe des tatsächlichen Sachverhalts oder auf die Anwendung gesetzlicher Bestimmungen fehlerhaft ist. Nach seiner Auffassung hat das VG den Sachverhalt nicht fehlerhaft ermittelt. Bei der Anwendung gesetzlicher Bestimmungen auf den ermittelten Sachverhalt kann festgestellt werden, dass die Entscheidung in methodisch einwandfreier Handhabung den zumindest derzeit geltenden Stand der Rechtsprechung/Literatur wiedergibt.

Herr Prof. Dr. Bätge gibt hierzu eine juristische Stellungnahme, unter Bezugnahme auf die Kernelemente die zum Entscheid des VV Gelsenkirchen geführt haben, ab.

Zur Frage : „Liegt ein Verstoß gegen haushaltsrechtliche Vorschriften vor?“ nimmt Herr Prof. Dr. Bätge wie folgt Stellung: In Wahlkampfzeiten gelten für Amtsinhaber die gleichen gesetzlichen Vorschriften wie außerhalb von Wahlkampfzeiten. Der Gesetzgeber müsste also eine Formulierung schaffen die etwa lautet: In einer Zeit vor der Kommunalwahl hat in jedem Fall der Oberbürgermeister vor dem Wahltag die jeweils aktuellen Prognosen seiner Fachbereiche, unabhängig von einer eigenständigen Prüfung und zentralen Prüfung der Validität und Deckungsmöglichkeiten den Ratsmitgliedern mitzuteilen. Eine solche Vorschrift gibt es aber nicht. Die gesetzlichen Vorschriften finden weiterhin Anwendung.

Bezüglich des dritten Kriteriums verweist Herr Prof. Dr. Bätge auf die schriftlich mitgeteilten Kosten durch die Verwaltung und macht darauf aufmerksam, dass die Gerichtskosten in der zweiten Instanz höher sein werden.

Hinsichtlich des vierten Kriteriums erfolgt noch mal der Hinweis auf die möglichen Folgen der Zusammenarbeit auch mit Blick auf die Bezirksvertretungen.

Nach diesen einleitenden Stellungnahmen erteilt der Vorsitzende das Wort an die Teilnehmer des Ausschusses nach Eingang der Wortmeldungen. Soweit mit den Wortmeldungen Fragen, insbesondere gleichen Inhaltes verbunden sind, werden diese gesammelt und im Anschluss an die Redebeiträge beantwortet.

Als erstes kommentiert und bewertet Herr Kowalewski das Urteil sowie die dazu ergangenen Stellungnahmen von Herrn Prof. Dr. Beckmann und Prof. Dr. Bätge und stellt die Frage: Wenn es um die Validität geht, warum das VG Gelsenkirchen nicht beispielsweise den ein oder anderen Controller eines Fachbereichs oder den Regierungspräsidenten, der sich die Akten angesehen und Einspruch eingelegt hat, als Zeugen geladen hat.

Nach Ansicht von Herr Radtke haben sich aus den Ausführungen von Herr Prof. Dr. Beckmann sich kaum neue Erkenntnisse ergeben. Es sei überwiegend eine Wiederholung dessen, was er in seinem Gutachten geschrieben und vertreten hat. Eine neue Sachverhaltsdarlegung oder Rechtsausführung sei nicht vorgetragen worden. Daher erübrige sich eine juristische Auseinandersetzung, die bereits vor dem VG stattgefunden hat.
Herr Radtke begrüßt vielmehr, dass es zum ersten Mal auch eine andere juristische Einschätzung erlebt hat und zwar die von Herrn Prof. Dr. Bätge. Herr Radtke beklagt in diesem Zusammenhang, dass die Verwaltung bedauerlicherweise nicht allen Ratsvertretern das Gutachten von Prof. Dr. Bätge bei der 1. Sitzung des Wahlprüfungsausschusses zu Verfügung gestellt hat. Ebenso nicht die Stellungnahme des damaligen Oberbürgermeisters Dr. Langemeyer, sondern nur das Gutachten von Herrn Prof. Dr. Beckmann.


Bevor es aus Sicht von Herrn Radtke zu einer politischen Bewertung kommt, bliebe zu klären, wie sich der Rat als Behörde morgen zu verhalten haben. Hier gehe es um die Frage, war die Wahl gültig oder war die Wahl ungültig bzw. lag ein Wahlfehler vor und war dieser Wahlfehler ergebnisrelevant. Von daher wird der Ansatz des Herrn Prof. Dr. Bätge, andersrum an die Angelegenheit heranzugehen begrüßt.

Bliebe auch die Frage, die CDU-Fraktion habe so was angedeutet, ob nur festgestellt werden soll, dass eine Pflichtverletzung vorliegt, da man eine Wahlwiederholung eigentlich nicht wolle. Müsse dann nicht auch festgestellt werden, „es liegt kein „Rechtsschutzbedürfnis“ vor, in die Berufung zu gehen“. Weiter führt Herr Radtke aus, dass es keine Pflichtverletzung gab, da die Stadt das Disziplinarverfahren eingestellt hat und das Innenministerium und die Bezirksregierung dieses nicht an sich gezogen haben. Insofern wird die Meinung vertreten, dass mögliche Ziele, die andere Fraktionen verfolgen, in diesem Verfahren nicht erreicht werden können.

Die hierbei gestellten Fragen werden von den Herren Prof. Dr. Beckmann und Prof. Dr. Bätge ausführlich und abschließend beantwortet.

Frau Reuter bewertet ebenfalls die politische Bedeutung des Entscheides und deren Auswirkung auf die Informationspflichten des Oberbürgermeisters gegenüber dem Rat der Stadt. Insbesondere der Haushalt sei ein ureigenstes und wichtiges Instrumentarium des Rates. Daher müsse man zeitnah über die aktuelle Lage unterrichtet werden, auch hinsichtlich von Prognosedaten.

Herr Spieß fragt nach, ob die Komplexität der Sachverhalte in den Fällen Aachen und Dortmund gleichzusetzen sind und damit auch der Zeitablauf im Berufungsverfahren. Nach Auskunft von Herrn Prof. Dr. Beckmann ist ein solcher Vergleich nicht möglich, da dieser von mehreren Faktoren abhängig ist. Im Aachener Fall hat es nun mal nur 11 Monate gedauert.


Herrn Radtke weist darauf hin, dass seriös bleiben auch bedeutet, dass neben dem Zeithorizont auch die Kosten berücksichtigt werden müssen. Er bezweifelt, dass die von der Verwaltung genannten/prognostizierten Kosten für den beauftragten Prozessbevollmächtigten, Prof. Dr. Beckmann, sowie die Kosten einer Wiederholungswahl stimmen und hält sie für zu klein gerechnet.

Aufgrund des Wortbeitrags von Frau Reuter schlägt er vor, sich zusammen zu setzen und für die Zukunft Maßnahmen zu entwickeln dass alle Fraktionen zufrieden sind. Damit werden die Kosten gering gehalten und außerdem könnte man regeln, wie Haushaltsklarheit und Transparenz verankert werden können

Herr StD Stüdemann erläutert, dass die Anfragen der SPD-Fraktion nach dem heutigen Kenntnisstand umfassend und präzise beantwortet wurden; bezogen auf die Fragestellungen, die eingereicht worden sind. Darüber hinaus gibt es Kosten die nicht gefragt bzw. erfragt worden sind. Es wurde ermittelt, dass eine Wiederholungswahl ca. 1,1 Millionen € kostet. Die Betreuungs- und Beratungskosten belaufen sich bislang auf insgesamt 314 Tausend € . Dazu kommen die noch weitere, noch nicht bezifferte Gerichtskosten.

Anschließend geht Herr Reppin noch einmal kurz auf die zu Beginn der Ausschusssitzung durch die von Herrn Prof. Dr. Beckmann und Prof. Dr. Bätge vorgetragenen Stellungnahmen ein. Ferner hält er den Wahlprüfungssausschuss für nicht zuständig, sondern den Rat. Bezüglich der politischen Bewertung bemängelt er die damalige Berichterstattung über die aktuelle Finanzlage. Eine „freiwillige“ Berichterstattung hat es kaum gegeben. Vielmehr mussten über Anträge entsprechende Berichte eingefordert werden. Nach dem Personalwechsel (Oberbürgermeister und Stadtkämmerer) besteht eine verbesserte Informationslage (Quartalsberichte). Er plädiert ausdrücklich für eine Entscheidung zur Wahrheitsfindung und spricht sich für ein Berufungsverfahren beim OVG Münster aus.

Herr Kowalewski ist der Auffassung, dass der Wahlprüfungsausschuss sehr wohl zuständig ist und schließt sich ansonsten grundsätzlich dem Redebeitrag des Herrn Reppin an.

Herr Rettstadt ist ebenfalls der Meinung, dass der Wahlprüfungsausschuss das zuständige Gremium für eine solche Debatte ist.

Herr Goosmann kann sich der Empfehlung des Herrn Reppin nicht anschließen und stellt in seinem Redebeitrag seine Position dar und die sich für ihn daraus ergebene politische Bewertung. Die sei verbunden mit der Frage, worin der Fehler der Entscheidung des VG liege, um daraus ein Berufungsverfahren beim OVG abzuleiten. In diesem Zusammenhang weist Herr Goosmann auch noch einmal auf die entstehenden Kosten hin und fragte auch hinsichtlich einer bestehenden Honorarvereinbarung zwischen der Stadt und Herrn Prof. Dr. Beckmann nach. Dazu nimmt Herr Prof. Dr. Beckmann ausführlich Stellung.

Im Hinblick auf die entstehenden Honorarkosten in einem Berufungsverfahren stellt Herr Penning die Frage an die Verwaltung, ob eine Beauftragung eines Prozessbevollmächtigten für das Berufungsverfahren durch den aktuellen Honorarvertrag bereits mit abgedeckt ist, oder noch durch die Verwaltung erfolgen muss. Herr StD Stüdemann teilt mit, dass eine Beauftragung noch erfolgen muss.

Es schließt sich eine rege Diskussion zwischen Ausschussmitgliedern und den Vertretern der Verwaltung hinsichtlich der Höhe der Honorarkosten des Herrn Prof. Dr. Beckmann an. Da es sich nicht um eine nichtöffentliche Sitzung handelt und es daher nicht seriös sei über Stundensätze und Honorarverträge zu sprechen teilt Herr StD Stüdemann mit, dass am 25.03.2010 im Ältestenrat die Honorarhöhe verhandelt und festgelegt wurde. Hierbei waren alle Parteien zugegen. Gerne kann ein Protokollauszug der Sitzung zur Verfügung gestellt werden.

Ferner wurde darüber diskutiert, warum nicht seinerzeit das Rechtsamt den Auftrag als Prozessbevollmächtigter hat übernehmen können, um Kosten zu reduzieren, zumal der Zeitpunkt in einer haushaltslosen Zeit lag. Herr StD Stüdemann beantwortet die Frage zur juristischen Vertretung wie folgt: „Es lag eine andere Motivation vor, als das kommunale Haushaltsloch zu strapazieren, warum ein externer Gutachter und Prozessbevollmächtigter herangezogen worden ist. Dies wurde auch mehrheitlich im Rat so festgelegt“. Herr StD Stüdemann sagte außerdem zu, die mündlich mitgeteilten Kosten auch schriftlich zur Verfügung zu stellen.

Nach Beendigung der Diskussion stellt Frau Reuter den Antrag, die Tischvorlage der Fraktion B90 / Die Grünen (Drucksache Nr.: 03753-11-E2) zum Gegenstand der Ratssitzung am 31.03.2011 zu machen. Der Wahlprüfungsausschuss stimmt diesem Antrag mehrheitlich zu.

Der Vorsitzende beendete die Sitzung des Wahlprüfungsausschusses um 16.05 Uhr.






Lars Rettstadt Reinhard Frank Thomas Färber


Vorsitzender Ratsmitglied Schriftführer