Niederschrift (öffentlich)

über die 11. Sitzung des Rates der Stadt


am 14.09.2015
Ratssaal, Rathaus, Friedensplatz 1, 44135 Dortmund



Sitzungsdauer: 15:00 - 17:22 Uhr

Anwesend:

Laut Anwesenheitslisten, die der Originalniederschrift als Anlagen beigefügt sind, waren 89 von z. Z. 94 Ratsmitgliedern anwesend.

An der Sitzung nahmen nicht teil:
Rm Meyer ( SPD)
Rm Schnittker (SPD)
Rm Spieß (SPD)
Rm Schütte-Haermeyer (Bündnis 90 / Die Grünen)
Rm Dr. Reinbold (FDP/Bürgerliste)

Von der Verwaltung waren anwesend:
OB Sierau
StD Stüdemann
StR’in Jägers
StR Lürwer
StR’in Schneckenburger
StR’in Zoerner
StR Wilde
Herr Westphal
LStRD’in Seybusch
Herr Güssgen
Frau Havadar


Veröffentlichte Tagesordnung:

1. Regularien

1.1 Benennung eines Ratsmitgliedes zur Mitunterzeichnung der Niederschrift

1.2 Hinweis auf das Mitwirkungsverbot gem. §§ 31 und 43 Abs. 2 GO NRW

1.3 Feststellung der Tagesordnung

2. Geplante Außenstelle der Erstaufnahmeeinrichtung in Hacheney und aktuelle Flüchtlingssituation
Vorschlag zur TO (SPD-Fraktion, CDU-Fraktion, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen )
(Drucksache Nr.: 02453-15)
hierzu -> Zusatz- /Ergänzungsantrag zum TOP (CDU-Fraktion)
(Drucksache Nr.: 02202-15-E1)
hierzu -> Zusatz- /Ergänzungsantrag zum TOP (SPD-Fraktion)
(Drucksache Nr.: 02206-15-E1)
hierzu -> Zusatz- /Ergänzungsantrag zum TOP (Fraktion Bündnis 90/Die Grünen)
(Drucksache Nr.: 02209-15-E1)

Die öffentliche Sitzung des Rates der Stadt Dortmund wurde um 15:00 Uhr von OB Sierau eröffnet und geleitet.

Vor Eintritt in die Tagesordnung stellte OB Sierau zunächst fest, dass der Rat der Stadt Dortmund ordnungsgemäß mit verkürzter Einladungsfrist gem. § 1 Abs. 1 und § 2 Abs. 2 der Geschäftsordnung für den Rat der Stadt, seine Ausschüsse, Kommissionen und Bezirksvertretungen aufgrund des gemeinsamen Antrages der Fraktionen von SPD, CDU, Bündnis 90 / Die Grünen vom 07.09.2015 entsprechend der Bestimmungen des § 47 Abs. 1 GO NRW eingeladen wurde und dass er beschlussfähig ist.


1. Regularien

zu TOP 1.1

Benennung eines Ratsmitgliedes zur Mitunterzeichnung der Niederschrift



Zur Mitunterzeichnung der Niederschrift wurde Rm Düdder (SPD) benannt.


zu TOP 1.2

Hinweis auf das Mitwirkungsverbot gem. §§ 31 und 43 Abs. 2 GO NRW



OB Sierau wies auf das Mitwirkungsverbot gem. §§ 31 und 43 Abs. 2 GO NRW hin und bat, dieses zu beachten, sofern es im Einzelfall zutreffen sollte.


zu TOP 1.3

Feststellung der Tagesordnung



Einleitend erläuterte OB Sierau, dass auf die im Antrag der Fraktionen von SPD, CDU und Bündnis 90 / Die Grünen vom 07.09.2015 zur Einberufung der Sondersitzung des Rates Bezug genommenen Anträge der SPD-Fraktion (Drucksache Nr. 02206-15-E1), der CDU-Fraktion (Drucksache Nr. 02202-15-E1) und der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen (Drucksache Nr. 02209-15-E1) zur Sitzung des Rates am 03.09.2015, vollständigkeitshalber den vorliegenden Sitzungsunterlagen beigefügt sind. Da diese Anträge gemäß des am 03.09.2015 gefassten Ratsbeschlusses zur weiteren Beratung in die Ausschüsse für Arbeit, Soziales und Gesundheit sowie für Bürgerdienste, öffentliche Ordnung, Anregungen und Beschwerden überwiesen wurden, besteht mit den Antragstellern Einvernehmen, diese Anträge angesichts der noch erfolgenden Beratung in den Fachausschüssen heute nicht zur Abstimmung zu stellen.

OB Sierau schlug vor, die Verwaltungsvorlage vom 10.09.2015

Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) von Flüchtlingen in Dortmund-Hacheney;
hier: Erweiterungsbau „An der Buschmühle“
Beschluss
(Drucksache Nr. 02464-15)

unter TOP 2 zu behandeln.


Darüber hinaus wies OB Sierau darauf hin, dass man sich in der vorangegangenen Sitzung des Ältestenrates in Hinblick auf die den Mitgliedern des Rates der Stadt vorliegenden Anträge der Fraktion Die Linke & Piraten darauf verständigt habe, den Antrag vom 08.09.2015

Geplante Außenstelle der Erstaufnahmeeinrichtung in Hacheney und aktuelle Flüchtlingssituation
Zusatz-/Ergänzungsantrag zum Tagesordnungspunkt der Fraktion Die Linke & Piraten
(Drucksache - Nr. 02453-15-E1)

unter TOP 2.1 vorzusehen und in den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit sowie den Antrag vom 09.09.2015

Geplante Außenstelle der Erstaufnahmeeinrichtung in Hacheney und aktuelle Flüchtlingssituation
Zusatz-/Ergänzungsantrag zum Tagesordnungspunkt der Fraktion Die Linke & Piraten
(Drucksache - Nr. 02453-15-E2)
unter TOP 2.2 vorzusehen und in den Ausschuss für Umwelt, Stadtgestaltung und Wohnen zur Beratung zu überweisen.

Darüber hinaus regte OB Sierau an, folgende zu TOP 2.3 den Mitgliedern des Rates der Stadt von der Fraktion Die Linke & Piraten vorliegende Bitte um Stellungnahme

Geplante Außenstelle der Erstaufnahmeeinrichtung in Hacheney und aktuelle Flüchtlingssituation
Stellungnahme zum Tagesordnungspunkt der Fraktion Die Linke & Piraten
(Drucksache Nr. 02453-15-E3)

im Zusammenhang mit TOP 2 zu behandeln, da seitens der Verwaltung hierzu eine mündliche Beantwortung erfolge.


Ferner wies OB Sierau darauf hin, dass man sich zu TOP 2 im Ältestenrat auf eine Redezeit von jeweils 10 Minuten für die Grundsatzerklärungen der jeweiligen Fraktionen verständigt habe. Diese erfolgten im Anschluss an den thematischen Einstieg durch OB Sierau und einer an der Krisenstabsstruktur orientierten Sachverhaltsdarstellung durch die Verwaltung in der Reihenfolge SPD-Fraktion, CDU-Fraktion, Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen, Fraktion Die Linke & Piraten, AfD-Fraktion und Fraktion FDP/Bürgerliste.
Entsprechend der generell vereinbarten Redezeitbeschränkung von 3 Minuten pro Person und Tagesordnungspunkt habe man sich im Ältestenrat darauf verständigt, dass diese darüber hinaus für die gesamte Sitzung gelten soll.

Im Anschluss stellte Rm Münch (FBI) mündlich den Antrag, die Redezeit für die fraktionellen Grundsatzerklärungen auf 5 Minuten zu begrenzen, da er die hierfür avisierten 10 Minuten für zu großzügig erachte.

Der Rat der Stadt lehnte den o. a. mündlichen Antrag von Rm Münch (FBI) mehrheitlich gegen die Stimmen von Rm Münch (FBI), Rm Brück (Die Rechte) und Rm Thieme (NPD) ab.

Ferner stellte Rm Brück (Die Rechte) mündlich den Antrag auf Anpassung der Redezeit durch entsprechende Ausweitung für fraktionslose Ratsmitglieder bzw. durch Reduzierung der zehnminütigen Redezeit für die fraktionellen Grundsatzerklärungen der Fraktionen.

Der Rat der Stadt lehnte den o. a. mündlichen Antrag von Rm Brück (Die Rechte) mehrheitlich gegen die Stimmen von Rm Brück (Die Rechte) und Rm Thieme (NPD) ab.

Der Rat der Stadt beschloss anschließend mehrheitlich gegen die Stimmen von Rm Münch (FBI), Rm Brück (Die Rechte) und Rm Thieme (NPD) gem. § 16 Abs. 5 der Geschäftsordnung für den Rat der Stadt, seine Ausschüsse, Kommissionen und Bezirksvertretungen, die zuvor dargestellte Veränderung der Redezeit.

Unter Einbeziehung der vorgenannten Änderungen, Anregungen und Vereinbarungen wurde die Tagesordnung der öffentlichen Sitzung vom Rat der Stadt einstimmig gebilligt.




zu TOP 2

Geplante Außenstelle der Erstaufnahmeeinrichtung in Hacheney und aktuelle Flüchtlingssituation


Vorschlag zur TO (SPD-Fraktion, CDU-Fraktion, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen )
(Drucksache Nr.: 02453-15)

Dem Rat der Stadt lagen hierzu folgende ergänzenden Unterlagen vor:

■ Verwaltungsvorlage vom 10.09.2015 „Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) von Flüchtlingen in


Dortmund-Hacheney; hier: Erweiterungsbau „An der Buschmühle“
(Drucksache Nr. 02464-15)

■ Antrag CDU-Fraktion vom 24.08.2015 zur Sitzung des Rates am 03.09.2015
(Drucksache Nr. 02202-15-E1)
1. Der Rat bedankt sich bei der Verwaltung – hier insbesondere beim Ordnungs- sowie Sozialdezernat – für die immensen Anstrengungen im Zusammenhang mit der ständig wachsenden Zahl an Flüchtlingen in Dortmund. Er unterstützt ausdrücklich die Überlegungen, die EAE künftig montags und dienstags planmäßig zu schließen, um somit eine strukturelle Entlastung zu erreichen, Tageszugangsspitzen abzuflachen und ein Signal gegenüber den Schleuserkreisen zu setzen.

2. Der Rat erneuert seine Forderung an das Land, auch in Regierungsbezirken Münster, Köln und Düsseldorf weitere Erstaufnahmeeinrichtungen (EAE) zu schaffen, um für die Flüchtlinge eine menschenwürdige und den besonderen Umständen angemessene Behandlung gewährleisten zu können.

3. Die Verwaltung wird aufgefordert, keine weiteren Turn- und Sporthallen für die Unterbringung kommunal zugewiesener Flüchtlinge umzufunktionieren, da diese dringend für den Schul-, Leistungs- sowie Breitensport benötigt werden. Stattdessen sollen bisher ausgeschlossene Lösungen wie fliegende Bauten (Traglufthallen, Zeltdörfer) intensiv geprüft und nach Möglichkeit umgesetzt werden.

4. Der Rat fordert das Land Nordrhein-Westfalen auf, Asylbewerber aus Herkunftsländern mit niedrigen Schutzquoten gebündelt an zentralen Stellen wie z.B. ehemaligen Kasernen aufzunehmen. Durch eine Bündelung kann ein möglichst effektiver Gesamtablauf gewährleistet werden. Eine Verteilung auf die Kommunen soll in diesen Fällen möglichst nicht mehr stattfinden. Abgelehnte Asylbewerber aus diesen Staaten sollen dann auch schnellstmöglich und direkt aus den Landeseinrichtungen zurückgeführt werden.

5. Die Bundesregierung wird aufgefordert, Montenegro und Albanien sowie Kosovo als sichere Herkunftsstaaten im Sinne von § 29a des Asylverfahrensgesetzes einzustufen, um eine schnellere Bearbeitung der Asylanträge zu ermöglichen – bei weiterhin gewährleistetem rechtsstaatlichen Verfahren.

6. Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien sollen aus dem normalen Asylverfahren herausgenommen werden und als Kontingentflüchtlinge eine unmittelbare Statusklärung erhalten.

7. Die Landesregierung muss umgehend, entweder durch ein entsprechendes gesetzliches Verfahren oder auf dem Weg eines Erlasses Rahmenbedingungen schaffen, damit die notwendigen, zusätzlichen Kosten der Kommunen für die Aufnahme, Unterbringung, gesundheitliche Versorgung und Integration von Flüchtlingen bei den gesetzlichen Vorgaben zur Genehmigung des kommunalen Haushaltes berücksichtigt werden können.


■ Antrag SPD-Fraktion vom 26.08.2015 zur Sitzung des Rates am 03.09.2015
(Drucksache Nr. 02206-15-E1)
1. Der Rat der Stadt Dortmund dankt allen, die sich insbesondere ehrenamtlich um Flüchtlinge in Dortmund kümmern und den schutzsuchenden Menschen helfen. Er dankt zudem den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung aus unterschiedlichen Fachbereichen, die sich aktuell sehr engagiert um die Unterbringung der Flüchtlinge kümmern. Der Rat ist erfreut über die Willkommenskultur in Dortmund und über die große Hilfsbereitschaft der Bevölkerung.

2. Der Rat der Stadt stellt fest, dass sich die Zahl der Flüchtlinge, die zur Erstaufnahme nach Dortmund kommen oder der Stadt Dortmund zugewiesen werden, dramatisch erhöht und alle Planungsprognosen bis Jahresende und darüber hinaus übersteigt. Der Rat der Stadt nimmt zur Kenntnis, dass die Verwaltung umso mehr flexibler und kurzfristiger agieren muss, um die gestiegenen Herausforderungen bewältigen zu können. Gleichwohl ist weiterhin sicher zustellen, dass die Bevölkerung in Bereichen, in denen neue Flüchtlingsunterkünfte entstehen, zeitnah und umfassend informiert wird.

3. Der Rat der Stadt fordert den Bund auf, die Kommunen vollständig und dauerhaft von den Kosten der Flüchtlingsunterbringung und –integration zu entlasten. Die Bearbeitungsdauer beim BAMF ist zu verkürzen und der Bearbeitungsstau bei den Asylanträgen ist schnellstens zu beheben. Der Bund ist gefordert, das Asylverfahren zu straffen und allen Flüchtlingen umgehend Sicherheit über ihren Status zu geben. Der Rat der Stadt erwartet, dass auf dem nächsten Flüchtlingsgipfel Ende September richtungsweisende Entscheidungen getroffen werden, um Länder und besonders die Kommunen bei der Flüchtlingsaufnahme deutlich zu entlasten.

4. Der Rat bedauert sehr, dass nunmehr aufgrund der steigenden Flüchtlingszahlen und wegen logistischer Probleme eine Unterbringung von Flüchtlingen in Zelten, Traglufthallen und anderen „fliegenden Bauten“ notwendig wird. Der Rat erwartet dennoch, dass Flüchtlinge weiterhin vorrangig in Wohnungen untergebracht werden. Der Rat appelliert nochmals an private Vermieter in Dortmund, Wohnungen entweder an die Stadt oder direkt an Flüchtlinge zu vermieten. Der Rat fordert die Verwaltung auf, weiterhin verstärkt Wohnbauflächen zu identifizieren und mittelfristig geförderten Wohnraum nicht nur für Flüchtlinge in Dortmund zu schaffen. Hierbei sind Fördergelder des Landes in Anspruch zu nehmen.

5. Der Rat der Stadt unterstreicht, dass die Unterbringung und Integration von Flüchtlingen eine Aufgabe der gesamten Stadtgesellschaft ist. Die Herausforderungen müssen möglichst von allen Kräften in der Stadt getragen werden. Infrastrukturen in der Stadt dürfen nicht einseitig wie z.B. aktuell drei Sporthallen dauerhaft in Anspruch genommen werden. Der Rat betont, dass die Inanspruchnahme von Sporthallen für die Unterbringung von Flüchtlingen nur vorübergehend sein kann. Einschränkungen für den Schul- und Vereinssport sind so gering wie möglich zu halten.

6. Der Rat der Stadt erkennt die besondere Situation der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen an. Der Rat der Stadt erwartet, dass die neue Verteilungsregelung ab dem kommenden Jahr eine Entlastung für Dortmund bringen muss. Hierbei sind mögliche Verzögerung des Inkrafttretens der neuen Regelungen zu vermeiden. Bis dahin muss diese besondere Aufnahmesituation der Stadt Dortmund besonders von Bund und Land gewürdigt werden. Die Verwaltung wird aufgefordert, Verhandlungen mit dem Land zu führen, wie Unterbringungsstandards für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge angepasst werden können und wie ein zusätzlicher Anrechnungsfaktor die Stadt Dortmund bei der übrigen Aufnahme von Flüchtlingen entlasten kann.

7. Der Rat der Stadt stellt fest, dass die EAE in Hacheney zunehmend überfüllt ist. Das Land wird aufgefordert, dringend weitere zusätzliche Erstaufnahmeeinrichtungen und Notunterkünfte im gesamten Land zu schaffen mit dem Ziel die bestehenden Erstaufnahmeeinrichtungen wirksam zu entlasten. Der Rat der Stadt schließt sich insofern den aktuellen Forderungen des Deutschen Städtetages an. Die Verwaltung wird aufgefordert, in der nächsten Sitzung des ABÖAB einen umfassenden Sachstandsbericht zur Situation der EAE abzugeben. Dabei ist der rechtliche Status der EAE darzustellen und die tageweise Schließungsabsicht der Verwaltung zu begründen. Die Verwaltung stellt zudem dar, welche Maßnahmen sie ihrerseits unternommen hat, die Arbeitsabläufe in der EAE zu beschleunigen. Der Fachausschuss ist darüber zu informieren, welche finanziellen Rahmenbedingungen für die Stadt Dortmund mit dem Betrieb oder der Aufgabe der EAE verbunden sind.

8. Der Rat der Stadt unterstützt ein ganzheitliches Vorgehen der Verwaltung bei der Integration von Flüchtlingen in Dortmund. Darin haben sich alle betroffenen Fachbereiche und Dezernate der Verwaltung verantwortungsvoll einzubringen. Der Rat der Stadt betont, dass die dauerhafte Aufnahme und Integration von Flüchtlingen einen Einwohnerzuwachs für Dortmund bedeutet, der die Zukunft der Stadt sichert und die Vielfalt in der Stadtgesellschaft stärkt. Der Rat erwartet von der Verwaltung die Erarbeitung eines intelligenten Integrationssystems für Flüchtlinge in der Stadt. Die Integration von Flüchtlingen ist langfristig unter demografischen Gesichtspunkten anzugehen. Die wachsende Bevölkerungszahl erfordert ein Umdenken in der Entwicklung der städtischen Infrastruktur und der Dienstleistungsangebote der Stadt und der Wirtschaft. Die Aufstellung der städtischen Infrastruktur und Dienstleistungsangebote der Stadt sind vor dem Hintergrund wieder steigender Einwohnerzahlen neu auszurichten.



■ Antrag Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen vom 26.08.2015 zur Sitzung des Rates am 03.09.2015
(Drucksache Nr. 02209-15-E1)
Situation von Flüchtlingen in Dortmund

In diesem Jahr werden so viele Flüchtlinge nach Dortmund kommen wie noch nie. Sie fliehen vor Terror, Verfolgung, Krieg und Armut. Wir alle werden später daran gemessen werden, wie wir die schwierige Situation der hohen und weiter steigenden Flüchtlingszahlen als Stadt gelöst haben. Der Rat ist davon überzeugt: Dortmund als Stadt von 600.000 Einwohner*innen muss und wird es gelingen, mindestens 8000 zusätzliche Menschen aufzunehmen.

Vor diesem Hintergrund beschließt der Rat:

1. Viele Bürgerinnen und Bürger engagieren sich ehrenamtlich, unterstützen Flüchtlinge und Einrichtungen mit Spenden oder persönlichem Einsatz vor Ort. Dazu kommt der große Einsatz vieler Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung und in den Unterkünften. Der Rat dankt allen Haupt- und Ehrenamtlichen für ihren unermüdlichen Einsatz bei der Unterbringung, Verpflegung und Versorgung von Flüchtlingen.

2. Ziel muss es sein, insbesondere das ehrenamtliche Engagement in der Stadt zu erhalten, auszuweiten und die nötigen Unterstützungsstrukturen dafür zu schaffen. Der Rat hält dafür deshalb ebenso wie viele Bezirksvertretungen eine zentrale Ansprechstelle für Bürger*innen in der Verwaltung für notwendig.

3. Alle Beschlüsse zur Unterbringung von Flüchtlingen müssen weiterhin und verstärkt transparent, nachvollziehbar und eingebunden sein in eine Gesamtstrategie, in die erkennbar und gerecht alle Stadtbezirke und alle gesellschaftlichen Bereiche einbezogen werden. Es ist wichtig, dass dabei die Bürgerinnen und Bürger bei den notwendigen Entscheidungen rechtzeitig und von Beginn an einbezogen und mitgenommen werden. Nur das schafft auch zukünftig das notwendige Verständnis für die weitere Aufnahme von Flüchtlingen.

4. Vor dem Hintergrund der bundesweit prognostizierten 800.000 Flüchtlinge in 2015 wird die Bundesregierung ihrer Verantwortung gegenüber den Kommunen nicht gerecht. Der Rat fordert die Bundesregierung deshalb auf, dauerhaft die vollständigen Kosten für die Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen zu übernehmen. Zusätzlich muss die von der Bundesregierung zugesagte eine Milliarde Euro Soforthilfe vor dem Hintergrund der weiter steigenden Flüchtlingszahlen unverzüglich auf mindestens 3 Milliarden Euro angehoben werden und darf nicht im Länderfinanzausgleich verrechnet werden.

5. Der Dreh- und Angelpunkt zur Bewältigung der jetzigen Situation ist die schnelle Durchführung rechtsstaatlicher Anerkennungsverfahren. Dies ist auch im Sinne der Asylsuchenden, die Klarheit über ihre Situation bekommen wollen. Das hat nicht zuletzt das Protestcamp der syrischen Flüchtlinge an der Katharinentreppe gezeigt. Der Rat fordert die Bundesregierung auf, die zugesagten zusätzlichen 2000 Stellen im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) vor dem Hintergrund der neuen Prognosen der Flüchtlingszahlen weiter aufzustocken.

6. Der Rat begrüßt die Anstrengungen der Verwaltung zur Unterbringung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen (UMF). Er nimmt zur Kenntnis, dass aufgrund der prognostizierten etwa 1400 UMF, die bis zum Jahresende in Dortmund durch das Jugendamt versorgt und betreut werden müssen, nicht alle Jugendliche unter Zugrundelegung der bisherigen Standards in Jugendhilfeeinrichtungen aufgenommen werden können. Der Rat fordert die Landesregierung auf, bei der Zuweisung von Flüchtlingen die Anzahl der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge mindestens in einem Verhältnis von 1: 4 auf die Zahl der kommunal unterzubringenden Flüchtlinge anzurechnen.

7. Der Rat nimmt zur Kenntnis, dass das Land innerhalb eines Jahres die Zahl der Unterbringungsplätze von 7700 auf 26.846 erhöht hat. Das ist gut, aber das reicht nicht. Nach wie vor fehlen zusätzliche Erstaufnahmeeinrichtungen. Das führt dazu, dass seit vielen Monaten ca. 80 Prozent aller Flüchtlinge, die nach NRW kommen, zuerst in Dortmund landen - alleine im Juli waren es ca. 17.000. Die EAE in Hacheney ist für diese große Anzahl von Flüchtlingen nicht ausgelegt. Ziel kann es aber nicht sein, Tore für Flüchtlinge zu schließen. Ziel muss es sein, dringend weitere Erstaufnahmeeinrichtungen an den Start zu bringen. Der Rat fordert die Landesregierung sowie die zuständigen Stadträte deshalb auf, die geplanten Einrichtungen in Essen und Mönchengladbach schnellstmöglich zu eröffnen sowie zusätzlich landesweite weitere Einrichtungen einzurichten.

8. Der Rat hält fest, dass die Schließung der EAE an zwei Wochentagen nicht das geeignete Mittel ist, um die Problematik der hohen Flüchtlingszahlen zu lösen. Der von der Verwaltung angekündigte Aufnahmestopp bis auf weiteres bedeutet darüber hinaus die faktische Schließung der Einrichtung. Der Rat fordert die Verwaltung deshalb auf, in der nächsten Sitzung des zuständigen Ausschusses die Abläufe in der EAE detailliert darzustellen. Dabei ist insbesondere zu erläutern, wie vor dem Hintergrund der Rahmenbedingungen die städtischen Möglichkeiten genutzt und gebündelt worden sind, um die Abläufe zu optimieren. Zusätzlich ist darzustellen, wie, wann und mit wem die Schließung der Einrichtung abgesprochen, kommuniziert und organisiert worden ist. Das betrifft sowohl Absprachen mit dem zuständigen Ministerium, der Bezirksregierung sowie den anderen Erstaufnahmeeinrichtungen im Land. Der Rat fordert die Verwaltung auf, während der Schließung der EAE ein geordnetes Verfahren für die ankommenden Flüchtlinge umzusetzen. Das betrifft insbesondere eine ausreichende Verpflegung, eine gezielte Information über die Situation sowie Transportmöglichkeiten in die nächste Einrichtung.

9. Der Rat hält trotz aller Schwierigkeiten nach wie vor am grundsätzlichen Ziel fest, dass Flüchtlinge vorrangig und dezentral in eigenen Wohnungen unterzubringen sind. Die Nutzung von infrastrukturellen Einrichtungen für die Unterbringung muss temporär begrenzt werden. Insbesondere die bisherige Nutzung von Sporthallen ist unverzüglich und vorrangig zu beenden, sobald andere Ausweichmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Der Rat dankt den betroffenen Schulen und Sportvereine für ihr Verständnis. Die Verwaltung wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass der betroffene Schulund Vereinssport durch Kooperation und Koordination mit anderen Schulen, Hallen und Vereinen gewährleistet werden kann.

10. Laut Verwaltung stehen in Dortmund 80-90 große Wohnimmobilien leer, die zur Aufnahme von Flüchtlingen geeignet sind, deren Eigentümer bisher aber nicht oder ablehnend auf die Nutzungsanfragen der Verwaltung reagiert haben. Der Rat fordert die Verwaltung auf, alle Möglichkeiten zu nutzen, um die entsprechenden Eigentümer angesichts der zugespitzten Situation nachhaltig an ihre Eigentumsverpflichtung zu erinnern. Dabei ist auch das Instrument der Beschlagnahmung der Immobilien zu prüfen und wenn notwendig einzusetzen.

11. Der Rat begrüßt die Pläne der Verwaltung, neue und öffentlich geförderte Wohnungen für Flüchtlinge zu bauen. Ein festes Dach über dem Kopf ist besser als ein Zelt. Die Verwaltung wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass diese Wohnungen auch von denjenigen Bürger*innen genutzt werden können, die auf preiswerten Wohnraum angewiesen sind.

12. Der Rat stellt fest, dass viele der Flüchtlinge mit ihren Kompetenzen und ihrer Ausbildung eine Chance für unsere Stadtgesellschaft sind. Um diese Chancen zu nutzen, müssen Hürden bei der Integration in den Arbeitsmarkt beseitigt werden. Der Rat fordert deshalb die Bundesregierung auf, die Vorrangprüfung für Asylsuchende von derzeit 15 Monaten auf drei Monate zu reduzieren, um die Arbeitssuche zu erleichtern und bürokratische Verfahren zu vereinfachen. Zusätzlich sollten Integrations- und Sprachkurse schneller als bisher angeboten sowie vereinfachte und zügige Verfahren zur Anerkennung von Schul-, Studien- und Berufsabschlüssen, angepasste Weiterqualifizierungsmaßnahmen und berufsbezogene Deutschkurse eingerichtet und aufgestockt werden.



■ Geplante Außenstelle der Erstaufnahmeeinrichtung in Hacheney und aktuelle Flüchtlingssituation
Stellungnahme zum TOP (Fraktion DIE LINKE & PIRATEN) vom 09.09.2015
(Drucksache Nr.: 02453-15-E3)
„… die Zahl der Flüchtlinge, die auch in Dortmund untergebracht werden müssen, wächst täglich. In diesem Zusammenhang meldete WDR 2 am 27.08.2015, dass die Städte Dortmund und Gelsenkirchen eine Beschlagnahmung von privaten Immobilien zur Unterbringung von Asylsuchenden nicht ausschließen.

"Dort, wo wir den Eindruck haben, dass Wohnraum in großem Maße bewusst dem Markt entzogen wird, sei es aus Abschreibungsgründen, aus spekulativen Erwägungen oder einfach nur aus Ignoranz, können wir das Mittel der Beschlagnahmung nicht mehr ausschließen", wird Gelsenkirchens Oberbürgermeister Frank Baranowski zitiert.

In Dortmund werden mit erheblichem finanziellem Aufwand Flüchtlinge in Containern, Schulen oder Turnhallen und demnächst auch in Zelten und Traglufthallen untergebracht.

Daher bitten wir um die Beantwortung der folgenden Fragen:

1. Unter welchen Gegebenheiten können in Dortmund leer stehende Wohnungen für die Unterbringung von Asylsuchenden beschlagnahmt werden?

2. Wie schnell können ggf. Maßnahmen zur Beschlagnahmung umgesetzt werden?


3. Wird die Verwaltung die Möglichkeit der Beschlagnahmung von leer stehenden Wohnungen zur Unterbringung von Asylsuchenden weiter verfolgen, um die Situation zu entspannen?“



Nachdem OB Sierau die Sitzungsleitung an BM Jörder übergeben hatte, verwies er hinsichtlich der aktuellen Flüchtlingssituation auf die in Dortmund vor einem Jahr gebildeten zwei Krisenstäbe, deren Aufgabe es zum Einen sei, die Erstaufnahme von Flüchtlingen im Auftrag des Landes funktionsfähig zu organisieren und zum Anderen die Unterbringung der kommunal zugewiesenen Flüchtlinge adäquat zu gewährleisten. Verbunden mit dem Wort des Dankes hob er die gute Zusammenarbeit sowie das Engagement aller Beteiligten und die ehrenamtliche Hilfsbereitschaft heraus und betonte das Verständnis der Bürgerschaft, wie man es bspw. bei den Informationsveranstaltungen zur Nutzung von Sporthallen zur Unterbringung von Flüchtlingen erfahren habe.
In Hinblick auf die vom Land NRW vorgenommene Zuweisung von Flüchtlingen führte OB Sierau aus, dass aktuell rd. 4.500 Flüchtlinge in Dortmund untergebracht seien. Da die Kapazität der Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) aufgrund des anhaltenden Zustroms an Flüchtlingen nicht ausreiche, was zwischenzeitlich auch zu temporären Schließungen der Einrichtung in diesem Sommer geführt habe, seien entsprechende Kapazitätserweiterung erforderlich. Auf die jüngste Bitte des Landes, angesichts zunehmender Flüchtlingsströme in Dortmund eine Drehscheibenfunktion für NRW zu übernehmen, wurde innerhalb kürzester Zeit der Krisenstab hochgefahren und Unterbringungsmöglichkeiten im Dietrich-Keuning-Haus geschaffen, von wo die Menschen in andere Unterkünfte im Land gebracht wurden. Nachdem auch die Stadt Düsseldorf als zweite Drehscheibe in NRW fungiert, erfolge nunmehr ein Wechsel der Krisenstabsfunktion zwischen Dortmund und Düsseldorf.


Zum Krisenstab EAE berichtete StR´in Jägers, dass der in den letzten acht Tagen angestiegene Zustrom an Flüchtlingen in die EAE dazu geführt habe, dass nunmehr erstmals an einem Wochenende eine Überbelegung um das Dreifache dessen, was sonst an einem Sonntag in der EAE zu verzeichnen sei, registriert wurde. Der im Laufe des Tages in Hacheney erwartete Zustrom von 1.100 Menschen korrespondiere mit 1.470 Entlastungsplätzen, was insgesamt 38 Bus-Transfers bedeut, die angesichts der räumlichen Situation vor Ort organisatorisch schwer bewältigt werden könnten.
Zur Gewährleistung des administrativen Ablaufs betonte StR`in Jägers die Forderung nach einer zusätzlichen EAE im Rheinland, die mit Blick auf die Ausführungsbestimmungen zum Asylverfahrensgesetz - wonach in NRW anreisende Flüchtling an die nächstgelegene EAE zu verweisen sind - eine Entlastung für Dortmund, als derzeit nächstgelegene EAE, bedeuten würde.
In Hinblick auf die vorliegende Verwaltungsvorlage zum Erweiterungsbau „An der Buschmühle“ erläuterte sie vor dem Hintergrund einer immer schwieriger werdenden Beschaffung von Containern und Traglufthallen den Vorschlag der Verwaltung, das Grundstück „An der Buschmühle“ zur Verfügung zu stellen, um ab dem 01.10.2015 als erklärtes Ziel eine Entlastungssituation für den Standort Hacheney zu schaffen und die Unterbringung von 1.000 Menschen zu ermöglichen. Die Unterbringung soll dabei in Leichtbauhallen aus dem Kontingent des Landes erfolgen, die um Aufenthaltsräume, Küchen-, Sanitär-, Röntgen- und Bürocontainer ergänzt werden. Damit werde nicht nur eine Erhöhung der derzeitigen Registrierungsleistung auf 600 Registrierungen pro Tag sondern auch eine maximale Aufenthaltsdauer der Menschen von maximal zwei Tagen angestrebt. Da die Verkehre mit geringeren Belastungen für die Anwohner einfacher organisiert werden können, werde der Standort „An der Buschmühle“ die vorrangige Adresse der EAE in Dortmund werden, während der Standort an der „Glückaufsegenstraße“ vorrangig für selbsterklärte unbegleitete minderjährige Flüchtlinge bis zur Altersfeststellung, schwangere Frauen und Menschen, die einer ärztlichen Behandlung bedürfen sowie deren Angehörige vorgesehen sei.

Zur kommunalen Unterbringung berichtete StR´in Zoerner, dass von den in Dortmund lebenden rd. 4.500 Flüchtlingen ca. 2.800 Menschen in Wohnungen leben, wodurch sich zeige, dass das Konzept der dezentralen Unterbringung gelebt werde. Seit Anfang 2015 seien der Stadt Dortmund rd. 2.200 Menschen zugewiesen worden. Während bis Ende Juni 2015 von einer Größenordnung von 50 Personen pro Woche auszugehen war, die nach Dortmund kommen, sei die Zahl im Juli 2015 erheblich gestiegen, so dass auch Sporthallen als Notunterkünfte genutzt werden mussten. Derzeit werde mit etwa 200 Menschen pro Woche geplant, was aber noch nicht das Maximum bedeuten müsse. Als Reaktion seien die Platzzahlen in den Einrichtungen (z.B. Geschwister-Scholl-Gesamtschule) erhöht worden. Abhängig von den Beschaffungsmöglichkeiten bestünde das Ziel, dort wo es möglich sei, bestehende Einrichtungen durch Zustellung von Containern zu erweitern bzw. Einrichtungen, die neu geplant werden, größer zu gestalten. StR´in Zoerner erläuterte, dass der Wohnungszugang weiter organisiert und beschleunigt werde, wobei die Kooperation mit der Wohnungswirtschaft hilfreich sei. Zudem würden Gebäude als Übergangsformate hergerichtet und geeignete Flächen für Wohnungsbau identifiziert.
Abschließend wies sie darauf hin, dass die Plätze, die in der Landeseinrichtung geschaffen werden, dem kommunal zugewiesenen Kontingent angerechnet würden.

StR Wilde erläuterte zum Wohnungsneubau, dass eine Dauerlösung nur die Unterbringung von Flüchtlingen in geordneten Wohneinrichtungen sein könne. Mittlerweile seien rd. 2.800 Flüchtlinge in Wohnungen untergebracht. Es sei aber festzustellen, dass der Wohnungsmarkt in Dortmund mit einer Leerstandsquote von rd. 2% seine Kapazitätsgrenze erreicht. Perspektivisch sei der Bestand nicht in der Lage, den weiteren Zustrom von Menschen aufzunehmen, so dass ein intensiver Zubau von neuen Wohnungen erforderlich sei. So sei dem Wohnbauflächenmonitoring zu entnehmen, dass einem Potential an Geschosswohnungen von bis zu 5.000 Wohneinheiten eine Neubaurate im Wohnungsbau von insgesamt rd. 1.000 Wohneinheiten gegenüberstünde. Mögliche Potentiale ergäben sich dabei sowohl im bebauten Seidlungsbereich, im Bereich rechtsverbindlicher Bebauungspläne aber auch in Bereichen, die erst noch planrechtlich gesichert werden müssten. Das Arbeitsprogramm der Stadtplanung werde daher darauf ausgerichtet, die Planrechtschaffung für den Wohnungsbau zu intensivieren. Als Sofortmaßnahme kündigte StR Wilde die Prüfung der Aktivierung der Stadtentwicklungsgesellschaft an, womit die Stadt in der Lage sei, Wohnungen auf eigenen Flächen kurzfristig selbst zu erstellen. Vielversprechend seien in diesem Zusammenhang auch Äußerungen großer Wohnungsbaugesellschaften in Dortmund, in den nächsten Jahren intensiv auch in den Neubau zu investieren. Abschließend stellte er zum Jahresende einen Bericht über die Perspektive der Wohnbauflächen in der Stadt in Aussicht.
Herr Westphal berichtete, dass der Krisenstab zur Organisation der Drehscheibe für die Flüchtlinge aus Ungarn am Wochenende des 05.09. / 06.09.2015 ad hoc hochgefahren wurde. Hauptaufgabe sei es gewesen, die Verpflegung, die Betreuung und den Transfer der ankommenden Menschen (inkl. der Sicherstellung ausreichender Kapazitäten an Bussen und in den NRW-Einrichtungen, zu denen die Menschen transferiert werden) zu organisieren. Er schilderte, dass die am Hauptbahnhof täglich eingetroffenen Menschen ins Dietrich-Keuning-Haus begleitet, dort verpflegt, betreut und für den weiteren Transfer vorbereitet worden sei, ohne dass es zu nennenswerten Zwischenfällen gekommen sei. In diesem Zusammenhang betonte Herr Westphal die gute Zusammenarbeit der Beteiligten.



In den anschließenden Grundsatzerklärungen lobten die Vorsitzenden der Fraktionen von SPD, CDU, Bündnis 90 / Die Grünen, Die Linke & Piraten sowie AfD und FDP/Bürgerliste das Engagement der Verwaltung sowie der ehrenamtlichen und freiwilligen Helfer bei der Bewältigung der mit der aktuellen Flüchtlingssituation verbundenen Herausforderungen.

In seiner Grundsatzerklärung sah RM Schilff (SPD) in der aktuellen Flüchtlingssituation zudem eine besondere Herausforderung, der sich alle EU-Staaten im Sinne eines einheitlichen europäischen Gedankens verpflichtet fühlen müssen. Innerhalb des Landes trügen Bayern und NRW derzeit die größten Lasten und er appellierte an den Bund, hier für mehr Ausgleich unter den Bundesländern zu sorgen. Mit Stolz erfülle ihn, wie Dortmund die derzeitigen Herausforderungen mit einer herauszuhebenden Willkommenskultur meistert. Mit der zur Beschlussfassung vorliegenden Verwaltungsvorlage zur Erweiterung der EAE, die seine Fraktion unterstütze, stelle sich die Verwaltung den Realitäten, wobei Rm Schilff (SPD) den gewählten Standort für gut geeignet halte und begrüßte, dass die Situation der Anwohner-/innen in Hacheney dadurch entlastet würde.

Rm Monegel (CDU) stellte heraus, dass er Dortmund als gutes Vorbild für eine gelungene Flüchtlingshilfe sähe, die aber in Hinblick auf eine unterdurchschnittliche Solidarität in Europa aber auch unter den Bundesländern, in dieser Dimension nicht zu einem Dauerzustand in Dortmund führen dürfe. Gelebte Solidarität erwarte er auch von anderen Kommunen in NRW und appellierte an den Rat, den OB bei entsprechenden Bemühungen insbesondere gegenüber dem Land zu unterstützen.
Mit Blick auf die EAE, die zentrale Ausländerbehörde, der Drehscheibenfunktion (neben Düsseldorf) und einer steigenden Zahl von kommunalen Flüchtlingen in Dortmund, sei die Einbeziehung anderer Kommunen unerlässlich, wobei er auch das Land in der Pflicht sähe. So solle in jedem Regierungsbezirk eine EAE und auch eine zentrale Ausländerbehörde bereit gestellt werden. Zur aufkeimenden Kritik an der zwischenzeitlichen Schließung der EAE hielt er fest, dass diese aufgrund des bestehenden Problemdrucks nachvollziehbar gewesen sei und die Unterstützung seiner Fraktion erhalte.
Da Rm Monegel die mit der Verwaltungsvorlage vorgestellten Planungen zur EAE innerhalb des avisierten Zeitrahmens für realisierbar halte, werde seine Fraktion der Verwaltungsvorlage zustimmen. Mit Blick auf das damit verbundene Provisorium regte er an, seitens der Verwaltung in einer der nächsten Sitzungen zu berichten, wo eine Einrichtung vergleichbarer Kapazität an anderem Ort in fester Bauweise installiert werden könne. Rm Monegel (CDU) betonte, dass die CDU bei der Auffassung bleibe, die Einrichtung in der Glückaufsegenstraße zum Jahr 2020/2021 zu schließen.

In seiner Erklärung begrüßte Rm Langhorst (Bündnis 90 / Die Grünen) die heutige Sondersitzung, da sie allen Mitgliedern des Rates den gleichen Sachstand ermögliche und betonte den gelungenen Aufbau der Drehscheibenfunktion sowie die Unterbringung von Flüchtlingen im Dietrich-Keuning-Haus. In Hinblick auf die Aufrechterhaltung der großen Hilfebereitschaft regte er eine koordinierende Stelle für die zahlreichen ehrenamtlichen Helfer/-innen vor Ort an, um die gelebte Willkommenskultur lange aufrechtzuerhalten. Zudem sei die Kommunikation mit dem Land und der Bezirksregierung in dieser Krisensituation positiv zu bewerten.
Der Erweiterungsbau „An der Buschmühle“, dessen Standort gut gewählt sei, sei absolut erforderlich und werde von seiner Fraktion im Sinne eines klaren Bekenntnisses zu Dortmund als Erstaufnahmestandort unterstützt. Zur Situation der kommunalen Flüchtlinge begrüßte Rm Langhorst (Bündnis 90 / Die Grünen) das Ziel, möglichst viele Flüchtlinge in Wohnungen unterzubringen wobei der Aspekt der Integration zu berücksichtigen sei. In diesem Zusammenhang sprach sich Rm Langhorst (Bündnis 90 / Die Grünen) grundsätzlich dafür aus, das Instrument der Beschlagnahme von Wohnungen für den Fall ins Kalkül zu ziehen, dass Wohneinheiten mangels entsprechender Bemühungen der Besitzer aus nicht nachvollziehbaren Gründen leer stünden.

Rm Kowalewski (Die Linke & Piraten) betonte in seiner Grundsatzrede die Notwendigkeit deutscher Hilfe und verwies in diesem Zusammenhang auf weltweit 60 Millionen Flüchtlinge, die Krisenlage im nahen Osten sowie die Rolle Deutschlands bei Waffenlieferungen und die über 400.000 bis Ende August 2015 nach Deutschland eingereisten Flüchtlinge.
Angesichts geringer Unterstützungen durch das Land NRW und anderer Kommunen hielt Rm Kowalewski (Die Linke & Piraten) die Entscheidung zum Ausbau der EAE für richtig, so dass seine Fraktion der Vorlage zustimmen werde. Dabei betonte er, dass die Menschen nicht dauerhaft in der EAE verbleiben dürften. Hier sei es auch die Aufgabe des Bundes, die Bearbeitung der Asylanträge zu beschleunigen, was mehr entsprechend qualifiziertes Personal erfordere.
In Hinblick auf eine mögliche Beschlagnahme von Wohnraum sähe seine Fraktion grundsätzlich darin eine Möglichkeit, auf Rahmenbedingungen des Wohnungsmarktes zu reagieren und Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge zu begründen.

Rm Garbe (AfD) erklärte, dass seine Fraktion der vorliegenden Verwaltungsvorlage zur Erweiterung der EAE nicht zustimmen könne, da Dortmund nach Dafürhalten seiner Fraktion damit ein Druckmittel gegenüber dem Land NRW nach mehr Unterstützung aus der Hand gäbe. Statt eine gleichmäßigere Verteilung der Belastungen anzustreben, würde die Sorgwirkung für Dortmund noch vergrößert. Das aktuell bestehende Ungleichgewicht sei aus seiner Sicht nicht länger hinnehmbar, wobei Rm Garbe (AfD) unter Hinweis auf eine unkontrollierte Zuwanderung in das deutsche Sozialsystem und der Forderung nach einer Änderung des Asylrechts, Kritik an einer inszenierten Willkommenskultur mit nachteiligen Folgen für Deutschland in unterschiedlichen Bereichen des Lebens übte.

In seiner Grundsatzerklärung betonte Rm Rettstadt (FDP/Bürgerliste) einleitend sein Verständnis von demokratischen und pluralistischen Werten, wobei er sich dagegen aussprach, das Asylrecht für populistische Agitation gegen die Schwächsten in der Gesellschaft zu gebrauchen. Mit dem in der Verwaltungsvorlage vorgeschlagenen Vorgehen gewährleiste Dortmund den Menschen etwas zu Essen, ein Dach über dem Kopf und Sicherheit, so dass seine Fraktion dem Vorschlag der Verwaltung folgen werde, da die derzeitige EAE nicht ausreichend sei und nur so notwendige Arbeitsabläufe gewährleistet werden könnten; zudem würden die Bürger und Bürgerinnen in Hacheney durch dieses Vorgehen entlastet. Außerdem bedeute die Anrechnung auf das Flüchtlingskontingent eine Entlastung in zweistelliger Millionenhöhe für die Stadt. Jedoch dürften Probleme wie mangelnder Wohnraum und Flächen sowie unzureichende finanzielle Ausstattungen nicht aus den Augen verloren werden. In diesem Zusammenhang könne er nicht nachvollziehen, warum das Land NRW nur 23% der Kosten der kommunal untergebrachten Flüchtlinge übernehme, während es in Bayern 100% seien. Zudem sah Rm Rettstadt (FDP/Bürgerliste) den Bund in der Pflicht, sich nicht erst 2016 an den Kosten zu beteiligen, sondern bereits jetzt eine deutliche Entlastung für die Kommunen zu schaffen. Dem Land NRW attestierte er ein zögerliches Handeln, das mit dazu beigetragen habe, dass sich die Situation in Dortmund verschärft habe und wünschte sich mehr Solidarität der anderen Kommunen und der Länder.


Rm Thieme (NPD) … Der Mandatsträger hat einer Veröffentlichung seiner Redebeiträge im Internet nicht zugestimmt!


Rm Münch (FBI) attestierte in seinem Redebeitrag unter Hinweis auf eigene städtische Probleme wie der Arbeitslosenquote, dass Dortmund die Konsequenzen des Versagens der internationalen Staatengemeinschaft sowie der EU und des Bundes zu tragen hätte und forderte u.a. eine Ursachenbekämpfung in den Herkunftsländern im Sinne einer regionalen Stabilisierung. Dem Land NRW hielt er vor, keine EAE im Rheinland zu installieren. Zudem sah er das Problem, dass viele im Verfahren abgelehnte Menschen nicht abgeschoben würden, woraus sich Unterbringungsprobleme im Siedlungsraum Dortmund ergäben.

Sodann stellte RM Münch (FBI) nach kritischer Würdigung des von OB Sierau erfolgten Hinweises auf den Ablauf der Redezeit und einer in diesem Zusammenhang erfolgten Androhung eines Ordnungsrufes sowie der von OB Sierau unter Ankündigung eines Verweises von der Besuchertribüne erfolgten Ermahnung der Besucher, ihren anhaltend störenden Beifall einzustellen, mündlich folgenden Antrag:


„Der Rat der Stadt Dortmund stellt die absolute Notwendigkeit fest, eine Außenstelle der EAE in Hacheney zu errichten und empfiehlt der Landesregierung, diese im bisher nicht berücksichtigten Rheinland zu installieren und diese dann einer neu einzurichtenden rheinischen EAE anzugliedern.“

Nachdem Rm Brück (Die Rechte) ein zu seinem Redebeitrag am Rednerpult mitgeführtes Megaphon auf entsprechenden Hinweis von OB Sierau, dass dies nicht erlaubt und daher wegzulegen bzw. hinauszubringen sei, mit dem Hinweis auf das Verbot der Verwendung, nicht aber des `mit-sich- Führens`, neben sich abgestellt hatte, kritisierte er, dass es für eine bessere Lastenverteilung und für eine Verbesserung der Situation kontraproduktiv sei, unweit vom Standort Hacheney entfernt, am Westfalenpark eine EAE zu eröffnen und sah darin einen Widerspruch im Handeln der Verwaltungsspitze, so dass er die Verwaltungsvorlage ablehne.

Auf die im Anschluss an den Wortbeitrag von Rm Brück (Die Rechte) erneut erfolgten Beifallskundgebungen von der Zuschauertribüne ließ OB Sierau die Störer zur Aufrechterhaltung eines ordnungsgemäßen Sitzungsverlaufs durch den Ordnungsdienst aus dem Zuhörerbereich weisen.


Auf die von Rm Brück (Die Rechte) für einen Zwischenruf zur Kommentierung der Situation erfolgte Benutzung des Megaphons, erfolgte durch OB Sierau daraufhin der sofortige Ausschluss von der weiteren Sitzung mit dem Hinweis auf das damit einhergehende unparlamentarische und die Würde des Hauses verletzende Verhalten des Rm Brück (Die Rechte).

In Hinblick auf die o. g. Bitte um Stellungnahme der Fraktion Die Linke & Piraten (Drucksache Nr. 02453-15-E3) erläuterte StR Wilde sodann unter Hinweis auf die Ermächtigungsgrundlage im Ordnungsbehördengesetz die Bedingungen einer Beschlagnahme, wonach u.a. Voraussetzung sei, dass die Ordnungsbehörde eine bestehende Gefahr nicht selbst oder durch Beauftragte abwenden könne. Bezogen auf eine Beschlagnahme leer stehender Wohnungen bedeute dies, dass zunächst alle Unterbringungsmöglichkeiten (bspw. Container, Turnhallen, etc.) ausgeschöpft sein müssen. Finanzielle Erwägungen spielten dabei keine Rolle. Die Verwaltung empfehle daher, von einer Beschlagnahme keinen Gebrauch zu machen, sondern es bei der bisherigen Strategie der Nutzung von Infrastruktureinrichtungen zu belassen.

Auf Nachfrage von Rm Kowalewski (Die Linke & Piraten) zur generellen Anwendbarkeit der gesetzlichen Regelung zur Beschlagnahme ergänzte StR´in Jägers unter Hinweis auf den in Artikel 14 des Grundgesetzes geregelten Schutz des Eigentums, dass es sich dabei um eine ultima ratio Regelung handele, so dass die Kommune nachweisen müsse, dass keine anderweitigen Optionen zur Verfügung stünden. Zudem sei auch ein Leerstand von Wohnungen eine legitime Nutzung von Eigentum, so dass ein Eigentümer nicht zu einer wirtschaftlichen Nutzung verpflichtet sei. Zudem verwies StR´in Jägers auf die im Fall einer Beschlagnahme vom OVG NRW zugrunde gelegten Fristen von wenigen Monaten.

Im Rat bestand Einvernehmen, die vorgenannte Bitte um Stellungnahme der Fraktion Die Linke & Piraten (Drucksache Nr.: 02453-15-E3) vom 09.09.2015 mitsamt der verwaltungsseitig hierzu zu erstellenden schriftlichen Beantwortung im Ausschuss für Umwelt, Stadtgestaltung und Wohnen zu behandeln.


Anschließend trat OB Sierau in das Abstimmungsverfahren ein und erinnerte daran, dass die o. g. zur Sitzung des Rates am 03.09.2015 gestellten Anträge der Fraktionen von SPD, CDU und Bündnis 90 / Die Grünen (DS-Nr.: 02202-15-E1; 02206-15-E1; 02209-15-E1) vereinbarungsgemäß heute nicht zur Abstimmung stehen und die o. g. Anträge der Fraktion „Die Linke und Piraten“ (Drucksache Nr. 02453-15-E1 und 02453-15-E2) in den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit bzw. in den Ausschuss für Umwelt, Stadtgestaltung und Wohnen überwiesen wurden.
Weiterhin lehnte der Rat der Stadt den von Rm Münch (FBI) o. g. mündlich gestellten Antrag mehrheitlich gegen die Stimmen der AfD-Fraktion sowie von Rm Münch (FBI) bei Enthaltung von Rm Thieme (NPD) ab.

Ferner fasste der Rat der Stadt mehrheitlich gegen die Stimmen der AfD-Fraktion sowie von Rm Münch (FBI) folgenden Beschluss:

Der Rat stimmt dem Vorschlag des Ministeriums für Inneres und Kommunales des Landes NRW (MIK), die Kapazitäten der EAE Hacheney um 900 Regelplätze zuzüglich 100 Reserveplätze unter Kostenübernahmeerklärung des MIK zu erweitern, zu. Der Rat beschließt diese Erweiterung am Standort „An der Buschmühle“ (siehe Anlage 1) nach Maßgabe des nachstehend beschriebenen Grobkonzeptes umzusetzen.
Dem Ausschuss für Bürgerdienste, öffentliche Ordnung, Anregungen und Beschwerden und den Bezirksvertretungen Innenstadt Ost und Hörde ist bis Ende 2015 über die ersten Erfahrungen mit der Erweiterung der Kapazitäten zu berichten.



zu TOP 2.1
Geplante Außenstelle der Erstaufnahmeeinrichtung in Hacheney und aktuelle Flüchtlingssituation
Zusatz- /Ergänzungsantrag zum TOP (Fraktion DIE LINKE & PIRATEN)
(Drucksache Nr.: 02453-15-E1)

Dem Rat der Stadt lag folgender Zusatz-/Ergänzungsantrag der Fraktion Die Linke und Piraten (Drucksache Nr.: 02453-15-E1) vom 08.09.2015 vor:
„… die Fraktion DIE LINKE & PIRATEN bittet darum, die nachfolgende Resolution an die Fraktionen des Bundestages und an die Bundesregierung zur Beschlussfassung zu stellen:
Die aktuelle Zahl der Flüchtlinge ist weltweit mit knapp 60 Millionen so hoch wie seit Ende des Zweiten Weltkriegs nicht mehr. Die meisten von ihnen sind in ihren Heimatländern oder innerhalb von Krisenregionen auf der Flucht. Nach Deutschland kamen bis Ende August über 400.000 Flüchtlinge, doppelt so viele wie im gesamten Jahr 2014. Westliche Staaten unter der Führung der USA haben ganze Regionen destabilisiert, indem sie unter anderem Terrororganisationen möglich gemacht und instrumentalisiert haben. Mörderbanden, wie z.B. der Islamische Staat (IS), wurden indirekt unterstützt und auch von mit Deutschland verbündeten Ländern ungehindert mit Geld und Waffen beliefert. Millionen Menschen wurden so brutalen Kriegen und Bürgerkriegen ausgesetzt. Aus Syrien, aber auch aus anderen Kriegs- und Krisengebieten werden viele weitere Flüchtlinge erwartet. Um die Situation der Menschen in den Herkunftsländern zu verbessern und Fluchtursachen zu beseitigen, ist eine Kurswende in der herrschenden Politik notwendig. Zahlreiche Bundesregierungen haben sich seit 1998 an Interventionskriegen und einer Regime-Change-Politik direkt beteiligt oder sie indirekt unterstützt. Waffenexporte wurden und werden ausgeweitet. Zusätzlich wird aus Profitgier durch Freihandelsabkommen, unfaire Wirtschafts- und Handelsbeziehungen und subventionierte Nahrungsmittelexporte die Herausbildung tragfähiger wirtschaftlicher Strukturen in den betroffenen Ländern unterbunden. Diese Politik muss sofort beendet werden.

Klar ist: Mit der Integration von Hundertausenden von Flüchtlingen stehen der deutsche Staat und die Zivilgesellschaft vor einer großen Herausforderung, die es zu meistern gilt. Doch bislang entzieht sich der Bund seiner Verantwortung und bürdet die Aufgabe und die Kosten der Flüchtlingsaufnahme und Unterbringung vor allem den Ländern und Kommunen auf. Dies und eine völlig unzureichende Planung haben mit zu inakzeptablen Notunterbringungen geführt, die eines reichen Landes unwürdig sind. Die Überforderung einzelner Städte und Kommunen bildet auch einen Nährboden für gefährlich erstarkte rassistische Proteste und Übergriffe gegen Flüchtlingsheime sowie ablehnende Haltungen in Teilen der Bevölkerung.

Vor allem dem Engagement vieler ehrenamtlicher Helferinnen und Helfer, Kommunalpolitikerinnen und -politiker und engagierter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der kommunalen Verwaltungen ist es zu danken, dass es bislang nicht zu noch größeren Katastrophen gekommen ist. Die große Offenheit und Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung dürfen nicht dadurch gefährdet werden, dass ‚gute' gegen ‚schlechte' Flüchtlinge ausgespielt werden. Dem Gerede über einen angeblich verbreiteten Asylmissbrauch muss sofort Einhalt geboten werden. Wir brauchen faire und schnelle Asylverfahren und wirksamen Schutz für alle, keine weiteren Gesetzesverschärfungen. Europa darf nicht zur Festung ausgebaut werden. Das überwältigend große Engagement vieler ehrenamtlicher Helferinnen und Helfer bei der Flüchtlingsaufnahme müssen wir stärken und mit guten staatlichen Aufnahmestrukturen vor Ort verbinden.

Der Rat der Stadt Dortmund fordert daher:
1) deutsche Rüstungsexporte in die Krisenregionen des Nahen und Mittleren Ostens und andere Krisengebiete sofort zu stoppen,

2) keine weitere Beteiligung an Kriegen und NATO-Militärinterventionen durch die Bundesrepublik Deutschland,

3) eine friedliche Außenpolitik, die nicht weiter auf völkerrechtswidrige Regime-Changes und die Destabilisierung von Staaten mittels Sanktionen, die die Bevölkerung treffen, setzt

4) endlich die selbst auferlegte Verpflichtung zu erfüllen, 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Entwicklungszusammenarbeit einzusetzen;

5) neoliberale Wirtschaftspartnerschaftsabkommen und Freihandelsabkommen auszusetzen und Verhandlungen über weitere Abkommen, wie z.B. TTIP, zu stoppen,

6) die Ernährungssouveränität der Staaten zu stärken, indem diese das Recht erhalten, ihre heimischen Nahrungsmittelmärkte vor Importen zu schützen,

7) den deutschen Beitrag für das Welternährungsprogramm im Rahmen der Syrienkrise deutlich aufzustocken,

8) die Flüchtlingsaufnahme in die maßgebliche Verantwortung des Bundes zu legen, der die Kosten für die Dauer des Asylverfahrens und für eine Übergangszeit nach der Anerkennung übernimmt, damit Länder und Kommunen sich auf die Integration vor Ort konzentrieren können,

9) den Grundsatz der Integration von Beginn an gelten zu lassen, da die Mehrheit der Asylsuchenden dauerhaft in Deutschland bleibt. Sie brauchen Zugang zu Sprachkursen und eine gezielte Arbeitsförderung; ausgrenzende Gesetze wie das Asylbewerberleistungsgesetz, die Residenzpflicht, diverse Arbeitsverbote und dergleichen sind aufzuheben sowie effektive Maßnahmen gegen Lohndumping für alle Arbeitnehmer in Deutschland einzuführen,

10) Flüchtlinge vorrangig dezentral und in eigenen Wohnungen unterzubringen. Erforderlich ist ein starkes soziales Wohnungsbauprogramm für alle Menschen mit geringem Einkommen,

11) ein grundlegender Wandel in der EU-Asylpolitik. Das Massensterben an den EU-Außengrenzen, die Errichtung immer neuer Grenzzäune und das unwürdige Hin- und Herschieben von Flüchtlingen müssen gestoppt werden. Schutzsuchende brauchen legale und sichere Einreisewege. Sie sollen ihr Aufnahmeland selbst bestimmen können, nur so können bestehende familiäre Bindungen und vorhandene Sprachkenntnisse positiv genutzt werden.


Im Rat der Stadt bestand Einvernehmen, o. g. Antrag der Fraktion Die Linke & Piraten (02453-15-E1) vom 08.09.2015 in den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Gesundheit zu überweisen.
zu TOP 2.2
Geplante Außenstelle der Erstaufnahmeeinrichtung in Hacheney und aktuelle Flüchtlingssituation
Zusatz- /Ergänzungsantrag zum TOP (Fraktion DIE LINKE & PIRATEN)
(Drucksache Nr.: 02453-15-E2)

Dem Rat der Stadt lag folgender Zusatz-/Ergänzungsantrag der Fraktion Die Linke & Piraten (Drucksache Nr.: 02453-15-E2) vom 09.09.2015 vor:
„… die Zahl der Flüchtlinge, die auch in Dortmund untergebracht werden müssen, wächst täglich. Angesichts dessen bittet Sie die Fraktion DIE LINKE & PIRATEN, folgenden Antrag auf die Tagesordnung der Sondersitzung des Rates am 14.09.2015 zu nehmen und zur Beschlussfassung zu stellen:

1) Der Rat der Stadt Dortmund beauftragt die Verwaltung die „Satzung über den Schutz und Erhalt von Wohnraum in Dortmund“ vom 30.06.2012 konsequent anzuwenden. Insbesondere weist der Rat darauf hin, dass eine Zweckentfremdung vorliegt, wenn Wohnraum für länger als drei Monate leer steht.

2) Der Rat der Stadt erwartet eine Berichterstattung zur bisherigen Anwendungspraxis der „Satzung über den Schutz und Erhalt von Wohnraum in Dortmund“ zum nächsten Wohnungsausschuss (AUSW). Dabei soll auf die Zahl der leerstehenden Wohnungen, die Dauer des Leerstandes und die bisher angeordneten Maßnahmen zur Beseitigung der Zweckentfremdung eingegangen werden.

Begründung

In Dortmund steht eine große Anzahl von Wohnhäusern leer. Damit bleibt Wohnraum für 3000-5000 Menschen ungenutzt. Alleine auf der Brückstraße stehen die Wohnbereiche in rund 30 Häusern leer. Durch die schon seit Längerem zu beobachtenden Anspannungstendenzen auf dem Wohnungsmarkt insbesondere im Marktsegment der Wohnungen für Menschen mit niedrigem Einkommen – insbesondere für Familien - wirkt sich das Verhalten einer Vielzahl privater Vermieter ungünstig aus. Durch die immer geringer werdende Anzahl von Sozialwohnungen, Zuwächsen bei Studenten, EU-Zuwanderern und aktuell durch den vermehrten Zuzug von Flüchtlingen aus Kriegsländern verknappt sich der Wohnungsmarkt weiter, so dass Leerstände nicht mehr im bisherigem Umfang geduldet werden können.

Im Rat der Stadt bestand Einvernehmen, o. g. Antrag der Fraktion Die Linke & Piraten (Drucksache Nr.: 02453-15-E2) vom 09.09.2015 in den Ausschuss für Umwelt, Stadtgestaltung und Wohnen zu überweisen.



zu TOP 2.3
Geplante Außenstelle der Erstaufnahmeeinrichtung in Hacheney und aktuelle Flüchtlingssituation
Stellungnahme zum TOP (Fraktion DIE LINKE & PIRATEN)
(Drucksache Nr.: 02453-15-E3)

Dem Rat der Stadt lag folgende Bitte um Stellungnahme der Fraktion Die Linke & Piraten (Drucksache Nr.: 02453-15-E3) vom 09.09.2015 vor:
„… die Zahl der Flüchtlinge, die auch in Dortmund untergebracht werden müssen, wächst täglich. In diesem Zusammenhang meldete WDR 2 am 27.08.2015, dass die Städte Dortmund und Gelsenkirchen eine Beschlagnahmung von privaten Immobilien zur Unterbringung von Asylsuchenden nicht ausschließen.

"Dort, wo wir den Eindruck haben, dass Wohnraum in großem Maße bewusst dem Markt entzogen wird, sei es aus Abschreibungsgründen, aus spekulativen Erwägungen oder einfach nur aus Ignoranz, können wir das Mittel der Beschlagnahmung nicht mehr ausschließen", wird Gelsenkirchens Oberbürgermeister Frank Baranowski zitiert.

In Dortmund werden mit erheblichem finanziellem Aufwand Flüchtlinge in Containern, Schulen oder Turnhallen und demnächst auch in Zelten und Traglufthallen untergebracht.

Daher bitten wir um die Beantwortung der folgenden Fragen:

2. Unter welchen Gegebenheiten können in Dortmund leer stehende Wohnungen für die Unterbringung von Asylsuchenden beschlagnahmt werden?

4. Wie schnell können ggf. Maßnahmen zur Beschlagnahmung umgesetzt werden?


5. Wird die Verwaltung die Möglichkeit der Beschlagnahmung von leer stehenden Wohnungen zur Unterbringung von Asylsuchenden weiter verfolgen, um die Situation zu entspannen?“

Die o. g. Bitte um Stellungnahme wurde im Zusammenhang mit TOP 2 behandelt.






Die öffentliche Sitzung des Rates der Stadt wurde um 17:22 Uhr von OB Sierau beendet.

Der Oberbürgermeister





Ullrich Sierau

Heinz-Dieter Düdder
Ratsmitglied

Matthias Güssgen
stellv. Schriftführer